Das Schilcherwunder

 

Ein Mann aus der Ferne, den Speik erklommen

Den Tränen ganz nah, von der Höhenluft benommen

Die Kehle schon trocken, der Magen bedroht

Unersetzlich die Gier, nach Wasser und Brot

 

Auf dem Weg in das Tal, eine Hütte erblickt

Herzzerreißend die Freude, die Qualen erstickt

Vor dem Haus sitzt der Sepp, verlassen -  allein

Auf dem Tisch vor ihm – vom Finsterl ein Wein

 

Sie starren sich an, nur der Wind ist zu hören

Der Fremde es wagt, die Ruhe zu stören

„Jut‘n Tach juter Mann, bist de allene?

Hast nen Schluck Wasser – tat frische und rene?“

 

„Wos red’stn so deppat, und wos wüst - A Wosser?

Na du bist a Kasperl, wird dei Gsichtsfoab no blosser.

Schaust eh aus, wi a Leich, zum schreick’n so bloach

Woast obn auf’n Berg? Wora di zstal - und fü z`hoach.

 

„Ja, ja kann schon sein – wat de sachst juter Mann

Hab den Berch bezwungen, wie ein alter Tyrann

Über Wiesen und Felsen, dem Grat und der Schneid

Stand ik oben am Jipfl voller Stolz und Tapferkeit.“

 

„Wos redst daher, am Speik obn hots gschneit?

Des hot’s noch nie‘ gebn, um die Summazeit

Na, du bist a Louta, kum trink an Schluck Wei‘

Huck di zuwa zu mia, i schnenk scho glei ei‘.“

 

Der Fremde sah zu, wie das Gefäß sich füllte

Ein kühler Mantel, das Weinglas umhüllte

Die Wildbacher Rebe, zart rosa und frisch

Mit Perlen wie Silber, man hörte nur - Zisch.

 

Er zögert - er weiß nicht – doch der Durst ist so groß

Er betrachtet das Glas, und lässt’s nicht mehr los.

Sein Speichel zerrinnt, kaum zu Schlucken im Stande

Die Gier nach dem Weine, aus dem steirischen Lande.

 

„Fantastisch die Farbe und der Duft ist so bunt.

Ich freu mich darauf, das zu spüren im Mund“

„ Jetz‘ red net und trink - Prost du Depp

weg mit dem Schluckerl – nur das wast – i has Sepp“

 

Der Sepp trinkt aus, mit einem Schwall in die Kehle

Der Fremde ihm nach, doch dann zerreist’s im die Seele.

Die Säure des Weines, so wild und fremd

Für den Fremden ein Schock, schweißgebadet das Hemd

 

„Wat war’n tat? Mensch Sepp, hast’nen Knall?

Jibst mir Essig zu trinken, tat brennt wie nen Feuerball.

Mene Finger verkrampft, men Magen rumort

Ik‘ glaub ich muss schnell, auf ‚nen stillen Ort.“

 

„Nix do, du bleibst, is nur beim ersten so

Trink no zwa, drei , wirst segn, des legt si no

Dann schmeckt’s no fü besser, dann merkst erst wie fei‘

Wie fruchti und gut is, uns Schülchawei‘.

 

Er wehrt sich, er sträubt sich –  Sepp lässt ihn nicht gehen

Der Fremde verzweifelt – zwei volle Gläser schon vor ihm stehen

„Nimm’s Glasl – setz au –trink aus den roaten

Wirst seg’n auf‘s dritte, mogst goa net dawoat’n“

 

Der Fremde holt Luft, setzt an und trinkt aus

Verwundert, erstaunt – die feurige Wirkung blieb aus.

Sepp zögerte nicht - das Glas wieder voll

Und der Fremde nicht denkt, ob er trinken soll

 

„Mensch Sepp du hast recht, der schmeckt jetzt janz lecker

Komm schenk noch mal ein, und hast’n Brötchen vom Bäcker?

„Zum Ess’n kriagst nix - schot um’an Wei‘

I hul no a Flascherl und du schenkst dawal ei‘

 

Eins nach dem and‘ren – zwei, drei Flaschen sind leer

Die Wirkung des Schilchers – zeigt sich mehr und mehr

„Der Schülcha ist super – und wie du sachst – voll guat!

Und nua das das west – ik bin da Kurt.“

 

„Kurtl du Hund, jetz redest scho wia i

Und des in zwei Stunden – jetz‘ versteh i di

„Ik wes nicht warum, ik versteh jedes Woat

Und du redst jetzt a Deutsch, nur am Anfang wars hoat“

 

„Ja, do hast Recht, am Anfang woa‘s schwer

Ich war mia nicht sicha, wo kommst denn du daher“

„Aber Wurscht, jetzt trink ma – Sepp schenk no ei“

„Aber gerne mein Kurt – des is da beste Wei“

 

Die Sprache verschmolz – und Freundschaft entstand

Der Wein in der Mitte – als sicheres Band

Was anfangs noch schwierig und unmöglich erscheint

Schafft nur der Schilcher – der Menschen vereint.